Unterzeichung der gemeinsamen Vereinbarung zur Rückgabe der Benin-Bronzen, Foto: C. Berg

Am 1. Juli 2022 hat die Bundesrepublik Deutschland, in Vertretung durch Kulturstaatsministerin Claudia Roth und Außenministerin Annalena Baerbock, gemeinsam mit der Bundesrepublik Nigeria, in Vertretung durch den Staatsminister für Auswärtige Angelegenheiten, Zubairu Dada, sowie Kulturminister Lai Mohammed, eine Erklärung zur Rückgabe der Benin-Bronzen unterzeichnet. Damit wurde ein wichtiger Schritt für eine Politik der Aussöhnung und Aufarbeitung der Kolonialzeit gemacht, was sich auch in den Ausführungen der Minister*innen Ausdruck fand. Kulturstaatsministerin Roth betonte im Rahmen der feierlichen Ratifizierung und mit Blick auf 120 Jahre Kolonialzeit in verschiedenen Staaten Afrikas: „Als Bundesregierung und Nation bekennen wir uns zu den schrecklichen Untaten des Kolonialismus.“ Mit dieser Vereinbarung zur Rückgabe der Benin-Bronzen und darin einbezogenen Objekte aus dieser Zeit - Skulpturen und Reliefs aus Bronze und Messing sowie Arbeiten aus Elfenbein, Koralle und Holz - sind zentrale Punkte des gegenseitigen Austauschs geknüpft, die den Weg ebnen zu einer intensiven Aufarbeitung und wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Bedeutung dieser herausragenden Artefakte bzw. kulturellen Objekte.

Im Zuge einer britischen Strafexpedition wurden 1897 tausende Objekte geraubt, die Königsstadt Benin fast vollständig zerstört und der Königspalast bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Über eine Londoner Auktion Anfang des letzten Jahrhunderts gelangten auch 1130 Objekte aus Benin (im Südwesten des heutigen Nigeria) in deutsche Museen, zumeist in die Ethnographischen Sammlungen. Die Rückgabevereinbarung ist nach 120 Jahren der Beginn einer Dekolonisierung, die letztlich erst 2016 mit Präsident Emmanuel Macrons Versprechen, Objekte aus afrikanischen Staaten vorbehaltlos zurückzugeben, initiiert wurde und eine breite Diskussion in allen ehemaligen Kolonialstaaten auslöste. In Nigeria wird die Rückgabe der Objekte aus Benin nicht nur als Zeichen einer neuen, gleichberechtigten Kooperation gesehen, sondern gibt den Nachfahren der Benin, den Edo, ihre Identität zurück: „Die Idee, diese Gegenstände nach Hause zu bringen, ist nicht nur wichtig für unsere Identität - sie sind ein Teil von uns“, betont Godwin Obaseki, Gouverneur des Staat Edo (im Gebiet des ehemaligen Benin) im Interview mit der DW.

Die Repatriierung der Benin-Bronzen ist für beide Seiten nach Jahrzehnten des Ringens um die Rückgabe der Artefakte ein weitreichender Schritt, dessen Konsequenzen und Tragweite wohl erst in den kommenden Jahren wirklich wahrnehmbar sein werden. Erst von hier aus ist eine Aussöhnung möglich und können Wege geebnet werden, um im gegenseitigen Respekt miteinander an der wissenschaftlichen Aufarbeitung, Interpretation und Vermittlung der historischen Artefakte mitzuwirken. Dies wird in der unterzeichneten Erklärung ausdrücklich artikuliert: „Acknowledging the great artistic, historical and current value of these artefacts for Nigeria, its present and future generations, particularly for the Edo people, as well as their universal importance for humankind, recognising the need to achieve not only the return of objects but also a new understanding of cultural cooperation between Nigeria and Germany.” Damit verbunden ist auch der Wunsch, dass nicht alle Artefakte aus den deutschen Museen zeitnah nach Nigeria zurückkehren müssen, sondern man sich im gegenseitigen Einvernehmen auch auf einen temporären Verbleib verständigen kann (Punkt 5 der Gemeinsamen Vereinbarung: „Both sides intend that German public museums and institutions will continue to display Benin Bronzes on loan as set out in the transfer agreements.“). Unabhängig davon, wo die Artefakte zukünftig gezeigt werden, wird die wissenschaftliche Forschung im gemeinsamen Dialog sicher weitere neue Erkenntnisse bringen. Gegenseitiger Respekt und Bereitschaft auf beiden Seiten, und zwar sowohl innerhalb der Museumswelt als auch auf allen politischen Ebenen, werden dazu beitragen, neue Sichtweisen und Deutungshoheiten zuzulassen. Davon können alle profitieren, und zwar sowohl in den beteiligten Museen als auch in der Weltgemeinschaft. Zu den ersten Ethnographischen Sammlungen, die dieser Rückgabeforderung nachkommen, zählen das Ethnologisches Museum der Staatlichen Museen zu Berlin, das Linden-Museum in Stuttgart, das Museum am Rothenbaum. Kulturen und Künste der Welt in Hamburg, das Rautenstrauch-Joest Museum in Köln sowie das Grassi Museum für Völkerkunde in Leipzig. Museum für Völkerkunde in Leipzig.

In diesen Prozess der Rückgaben aus kolonialen Kontexten ist nicht nur Deutschland eingebunden, sondern auch alle anderen Staaten, die im 19. Jahrhundert durch Überseekolonien ihren Macht- und Wirtschaftseinfluss erweitert hatten. Nicht alle sind aktuell bereit, diesen Rückgabeforderungen zu entsprechen. Insofern hat Deutschland hier einen ersten maßgeblichen Schritt getan, dem andere Staaten ebenso folgen könnten. ICOM International und ICOM Deutschland begleiten seit langem diese Prozesse und fördern die Ansprüche auf Rückgabe vorbehaltlos. Sie sind entscheidend für das Miteinander der Menschen unterschiedlichster Kulturen und für eine gleichberechtigte Sicht auf die Vergangenheit und unser zukünftiges Zusammenarbeiten.

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ICOM Deutschland wird seine Mitgliederversammlung 2022 im Rahmen der Jahrestagung am 4. November 2022 um 16.30 Uhr im Deutschen Technikmuseum Berlin abhalten.

Dem dreijährigen Turnus von ICOM entsprechend steht in der Mitgliederversammlung die Wahl des Vorstandes für die Jahre 2023 bis 2025 an. Für die Mitarbeit im Vorstand sind insgesamt sieben Sitze zu vergeben: der/die Präsident/in und sechs weitere Mitglieder. Des Weiteren werden gemäß der Satzung von ICOM Deutschland der/die Kassenprüfer/in sowie dessen/deren Stellvertreter/in gewählt, die nicht dem Vorstand angehören dürfen.

ICOM-Mitglieder, die bereit sind, Verantwortung und Aufgaben zu übernehmen, sind herzlich eingeladen, sich um ein Amt zu bewerben. Es ist wünschenswert, dass sich im Vorstand des Verbandes die Vielfalt der Museumslandschaft in Deutschland ebenso spiegelt wie Alter, Geschlecht und kultureller Hintergrund der dort tätigen Museumsfachleute. Wir bitten alle Bewerberinnen und Bewerber, Ihre Kandidatur bis spätestens zum 21. August 2022 einzureichen. Die Liste der Bewerberinnen und Bewerber wird mit der Tagesordnung verschickt und ab Oktober 2022 auf der Webseite von ICOM Deutschland unter einsehbar sein.

Beate Reifenscheid

Eine Stellungnahme von Beate Reifenscheid, Präsidentin ICOM Deutschland

„Die Kunst ist eine Schwester der Freiheit“, schrieb bereits Friedrich Schiller 1795 in seinen Briefen „Über die aesthetische Erziehung des Menschen“.1 Er war gänzlich eingenommen von den Vorboten der Französischen Revolution. Die Grenzen der Freiheit waren bereits in der französischen „Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte" vom 26. August 1789 im Artikel 4 mit dem berühmten Satz „Die Freiheit besteht darin, dass man alles das tun kann, was einem anderen nicht schadet" zusammengefasst.

Künstler*innen in vielen demokratischen Staaten berufen sich auf eben diese Freiheit des Geistes in ihrem Schaffen und in ihrem künstlerischen Ausdruck. Diese Freiheit muss unantastbar bleiben, wenn wir weiterhin darauf vertrauen wollen, dass wir durch die Künste eine andere Sicht auf die Dinge, unser Leben und unsere Gesellschaft gewinnen wollen. Wenn wir die Welt in ihrer Komplexität und mit ihren Problemen besser fassen wollen. Was es bedeutet, wenn Kunst eingeschränkt und durch Politik oder Religion instrumentalisiert wird, erleben wir aktuell weltweit. Diese Instrumentalisierung erinnert uns aber auch an das, was die Propaganda und das Kulturdogma einer verstörenden Rassenideologie während der NS-Diktatur angerichtet haben. Rechtsextremismus gewinnt trotz dieser historischen Verbrechen seit Jahren wieder an Zulauf und wird erneut auch über die Kultur ausgetragen. Aktuell erfährt dies die Weltgemeinschaft hautnah, indem sie erleben muss, was die russischen Invasoren in der Ukraine anrichten und wie sehr sie es darauf anlegen, die ukrainische Kultur auszulöschen. Putin und seine militanten Mitstreiter berufen sich in ihrem Handeln auf die Nationalsozialisten, von denen sie die Ukraine angeblich befreien müssten, und begehen ebensolche Verbrechen.

Das Kuratoren-Kollektiv Ruangrupa hat es zugelassen, dass auf der documenta 15 das Künstler-Kollektiv Taring Padi ein Kunstwerk ausgestellt hat, das Elemente enthält, die – jenseits jeder Kontextualisierung – als antisemitisch angesehen werden müssen. Die Schwere und das Verstörende dieses Kunstwerks liegen in dem offensichtlichen Widerspruch, den die Künstler selbst liefern, als sie am Montag öffentlich verlautbarten, dass die Arbeit "keine Inhalte, die darauf abzielen, irgendwelche Bevölkerungsgruppen auf negative Weise darzustellen" enthalte.2 Das Kunstwerk selbst zeigt es anders, denn es setzt Juden und Nazi-Schergen in eins. Das weiß man auch im globalen Süden, der sicherlich andere Narrative ausbildet. Gerade deshalb wären Diskussionen und Diskurs so dringend erforderlich gewesen.

Wie man es dreht und wendet: Es wird nicht schlüssig, das gesellschaftliche und politische Bekenntnis, das sowohl das Kuratoren- als auch das Künstler-Kollektiv hier liefern. Es reicht nicht aus, sich auf die „Freiheit der Kunst zu berufen“, wie es schützend auch die Verantwortlichen der documenta 15 zunächst bemüht haben. Ein zu Recht hohes Gut unseres westlichen, demokratischen Kunstverständnisses. Das Irritierende jedoch ist in diesem Kontext die vielfach formulierte Bitte um Klärung und um Austausch, dem nicht ernsthaft nachgekommen wurde. Kritische Anmerkungen und Mutmaßungen, dass Ruangrupa Künstler*innen involviert habe, die dem BDS naheständen, gab es seit Veröffentlichung der Liste der Teilnehmenden, kritische Kommentierungen, dass keine Künstler*innen aus Israel dabei seien, wurden ebenso früh geäußert. Dies alles muss nicht zwangsläufig bedeuten, dass die Macher*innen und die Künstler*innen wirklich Israelfeindlich und antisemitisch sind, aber es eröffnete ein berechtigtes öffentliches Interesse an Aufklärung, das nicht mit plausiblen Argumenten entkräftet wurde. Es ist ein ernstgemeintes Interesse an Transparenz, das nicht nur in Deutschland besondere Berechtigung erfährt, sondern weltweit die Frage zum Umgang mit Diskriminierungen aufwirft. Gerade aber in Deutschland und mit Wissen über die Verbrechen der Shoah und den bis heute schwelenden antisemitischen Tendenzen muss von einem Kuratoren-Team, das internationale Erfahrungen im Ausstellungsbetrieb hat, erwartet werden, dass es diesen Resonanzboden der Geschichte kennt. Und tatsächlich begründen sie ihren kuratorischen Ansatz mit Blick auf den Zweiten Weltkrieg und mit dem auf die ebenso belastete Geschichte der Documenta selbst: „Unser kuratorischer Ansatz zielt auf ein anders geartetes, gemeinschaftlich ausgerichtetes Modell der Ressourcennutzung – ökonomisch, aber auch im Hinblick auf Ideen, Wissen, Programme und Innovationen. Wenn die documenta 1955 antrat, um Wunden des Krieges zu heilen, warum sollten wir nicht versuchen, mit der documenta 15 das Augenmerk auf heutige Verletzungen zu richten. Insbesondere solche, die ihren Ausgang im Kolonialismus, im Kapitalismus oder in patriarchalen Strukturen haben. Diesen möchten wir partnerschaftliche Modelle gegenüberstellen, die eine andere Sicht auf die Welt ermöglichen.“3

Es stellt sich wie im Brennglas nun jedoch die Frage, wie ernsthaft dieser Anspruch umgesetzt und wie aufrichtig Transparenz und ethisches Handeln eingelöst wurden. Im Augenblick jedenfalls zeigt diese Sicht durchs Brennglas in eine falsche Richtung: mangelnde Transparenz und fehlende Bereitschaft zum ernstgemeinten Dialog, mehr noch, das Zulassen genau jener Diskriminierungen gegen die sich gerade die Kunst, ihre Kuratoren und die documenta richten sollte. Die hohen Erwartungen an ein Kuratoren-Kollektiv versprachen einen anderen, offeneren Diskurs. All dies ist nun aufs Spiel gesetzt worden und stellt zudem all jene Künstler*innen in den Schatten, die wegen dieses Eklats nicht mehr angemessen wahrgenommen werden. Maximaler könnte der Schaden nicht sein: weder in der internationalen Wahrnehmung noch im Hinblick auf das Kuratoren-Kollektiv noch auf die betroffenen Künstler selbst und nicht zuletzt für die Verantwortlichen der documenta.

Warum wurde die Freiheit der Kunst nur so missverstanden? Die Freiheit hört dort auf, wo sie dem anderen schadet. Es gibt keine Freiheit um jeden Preis, schon gar nicht um den der Verantwortung, der Ethik und des Respekts. Antisemitismus und jede andere Form der Diskriminierung müssen entschieden immer abgelehnt werden. Die documenta – als großartiges Konzept eines Weltmuseums auf Zeit – darf diesem keinen Raum bieten. Die Ethik des Kuratierens durch Ruangrupa löst hier die immanenten Widersprüche nicht auf, die sich seit längerem erhärtet haben. Verantwortliches Handeln aller Beteiligten hätte diese so kostbare Freiheit geschützt. So aber erweckt es den Eindruck, als habe man diese nur rhetorisch bemüht, aber sich selbst damit ausgebremst, indem man sehenden Auges diskriminierende, antisemitische Haltungen, Taten und Kunstwerke nicht wahrhaben wollte.

Die internationale Museumswelt (be)müht sich seit Jahren intensiv um einen gesellschaftlichen Diskurs, der transparentes Handeln ebenso erwartet wie das Eintreten gegen Diskriminierung jedweder Art. Sie rückt damit die Kraft der Museen und mit ihnen diese Orte als kultureller Aktionsraum und Gedächtnisspeicher in die Mitte gesellschaftlichen Miteinanders. Die Museen begreifen sich als Zentren kultureller Diskurse und des offenen Dialogs. ICOM‘s „Code of Ethics“, aktuell in Überarbeitung vom Weltverband, liefert hierfür eine entscheidende Basis der Museums- und Kurator*innenarbeit. ICOM Deutschland fordert deshalb die Documenta-Akteur*innen zum klärenden Diskurs auf. Der Blick auf die „heutigen Verletzungen“ wird ausdrücklich begrüßt, sofern er die Freiheit der Kunst nicht zu Lasten des anderen opfert.

Ihre Beate Reifenscheid

Präsidentin ICOM Deutschland


1 https://www.deutschestextarchiv.de/book/view/schiller_erziehung01_1795?p=5
2 https://www.zeit.de/kultur/kunst/2022-06/documenta-antisemitismus-vorwurf-banner-verdeckt?page=6
3 https://www.kassel.de/buerger/kunst_und_kultur/documenta15/ruangrupa.php

Birgit Scheps, Grassi Museum für Völkerkunde Leipzig, 2018

ICOM Deutschland, Deutsches Zentrum Kulturgutverluste und das Berliner Medizinhistorische Museum der Charité legen interdisziplinäre Arbeitshilfe zur Provenienzforschung vor

In vielen Museen und Universitäten lagern seit der Kolonialzeit Schädel, Skelettteile, Gebeine. Über den angemessenen Umgang mit diesem sensiblen Sammlungsgut wird aktuell intensiv diskutiert. Häufig ist die Herkunft der sogenannten menschlichen Überreste unklar. ICOM Deutschland, das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste und das Berliner Medizinhistorische Museum der Charité veröffentlichen nun mit der Arbeitshilfe Interdisziplinäre Provenienzforschung zu menschlichen Überresten aus kolonialen Kontexten eine Einführung in wissenschaftlich fundierte Methoden zur Klärung der Herkunft.

Heimlich ausgegraben, gestohlen, erpresst oder unfair erhandelt – während der Kolonialzeit sind unzählige Gebeine meist ohne Zustimmung der Hinterbliebenen entwendet und in museale und wissenschaftliche Sammlungen verbracht worden. „Jahrzehntelang hat es die Forschung und damit auch die Museumswelt versäumt, diese menschlichen Überreste in anthropologischen Sammlungen, insbesondere in ethnologischen Museen, kritisch zu reflektieren“, sagt Beate Reifenscheid, Präsidentin von ICOM Deutschland, „sowie einen würdigen, respektvollen Umgang mit den Verstorbenen zu finden.“ Die aktuelle, wichtige Debatte über das koloniale Erbe in deutschen Sammlungen und Museen gab den Anstoß, eine wissenschaftlich fundierte Arbeitshilfe zu erarbeiten, um den Kolleg*innen eine Einführung in wichtige Methoden und Herangehensweisen der Provenienzforschung an die Hand zu geben.

Durch die Erforschung seiner Provenienz wird hinter einem anonymisierten skelettalen Sammlungsobjekt wieder ein Mensch und im besten Falle eine Lebensgeschichte sichtbar – ein Prozess, der zur Zusammenarbeit mit Nachfahr*innen führen kann und gegebenenfalls in einer Repatriierung und (Wieder-)Bestattung einen würdigen Abschluss findet. Vor diesem Hintergrund versteht sich die Arbeitshilfe als eine praktische Einführung in die Provenienzforschung zu menschlichen Überresten aus kolonialen Kontexten. Die Arbeitshilfe ist gedacht für biologisch-anthropologische, anatomische und medizinhistorische Sammlungen menschlicher Überreste vor allem an Universitäten und Museen in Deutschland, ergänzt durch einen Appendix zur Situation in Österreich. Die Interdisziplinarität und das Zusammenspiel der Methoden stehen im Vordergrund. Die Arbeitshilfe enthält ausführliche Hinweise zu historischen und anthropologisch-naturwissenschaftlichen Methoden der Provenienzforschung sowie zur Dokumentation der Rechercheergebnisse. Erörtert werden ebenso die transkulturellen und transnationalen Dimensionen von Provenienzforschung. Zur Veranschaulichung werden in allen Kapiteln Fallbeispiele aufgeführt.

„Das Zusammenspiel naturwissenschaftlicher und kulturwissenschaftlich-historischer Methoden und Vorgehensweisen stellt eine besondere Herausforderung für Provenienzforscher*innen dar. Sie kommen in der Regel aus einem der beiden Wissenschaftsbereiche und müssen sich in den anderen Bereich einlesen bzw. einarbeiten. Dabei soll sie diese Arbeitshilfe gezielt unterstützen. Sie erläutert das Potenzial, das in der Verbindung unterschiedlicher Methoden und Ansätze sowie im Austausch mit Expert*innen aus den Herkunftsländern der verstorbenen Individuen und/oder mit deren Nachfahr*innen liegt“, sagt Dr. Larissa Förster, Leiterin des Fachbereichs Kultur- und Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten am Deutschen Zentrum Kulturgutverluste.

Prof. Dr. Thomas Schnalke, Direktor des Berliner Medizinhistorischen Museums der Charité, betont: „Menschliche Überreste aus kolonialen Kontexten sind in jeder Hinsicht sensible Objekte. Die Recherche ihrer Herkunft erfolgt in aller Regel als Einzelfall-Analyse. Wir freuen uns als Berliner Medizinhistorisches Museum, hierfür zusammen mit unseren Partnern eine hoffentlich hilfreiche, praxisorientierte Handreichung vorlegen zu können.“

„Die Arbeitshilfe liefert einen wichtigen Beitrag zu einem gerechten und angemessenen Umgang mit menschlichen Relikten. ICOM Deutschland dankt den beiden Institutionen für diese wichtige Kooperation und besonders den Autor*innen, die sich mit ihrer wissenschaftlichen Expertise bereits seit vielen Jahren um einen würdigen Umgang und den für alle Beteiligten adäquaten Dialog verdient machen“, führt Beate Reifenscheid, Präsidentin von ICOM Deutschland, aus.

Bibliografische Angaben
Winkelmann, Andreas; Stoecker, Holger; Fründt, Sarah; Förster, Larissa: Interdisziplinäre Provenienzforschung zu menschlichen Überresten aus kolonialen Kontexten. Eine methodische Arbeitshilfe des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste, des Berliner Medizinhistorischen Museums der Charité und von ICOM Deutschland. Hrsg. von ICOM Deutschland. Heidelberg: arthistoricum.net 2022. 100 S. Beiträge zur Museologie, Bd. 11. eISBN 978-3-98501-028-8.* DOI: https://doi.org/10.11588/arthistoricum.893
*Die Printversion befindet sich in Vorbereitung.

Über die Autor*innen
Larissa Förster ist Leiterin des Fachbereichs „Kultur- und Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten“ am Deutschen Zentrum Kulturgutverluste.
Sarah Fründt ist wissenschaftliche Referentin am Fachbereich „Kultur- und Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten“ des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste und Ansprechpartnerin für Provenienzforschung an menschlichen Überresten.
Holger Stoecker ist Historiker und befasst sich mit der afrikanisch-deutschen Kolonial- und Wissenschaftsgeschichte sowie mit Provenienzforschungen zu menschlichen Überresten aus kolonialen Kontexten.
Andreas Winkelmann ist Professor für Anatomie an der Medizinischen Hochschule Brandenburg in Neuruppin und forscht zur Geschichte und Ethik seines Fachs.

 

Pressemitteilung (PDF)
Cover (PDF), Cover (JPG)
(© Birgit Scheps, Grassi Museum für Völkerkunde Leipzig, 2018)


Medienkontakt:
Claudia Berg
Pressearbeit im Auftrag von ICOM Deutschland e.V.
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, Tel.: 01578-7199196

 

Am 10. März 2022 haben wir unser neues Veranstaltungsformat, den „ICOM Lunchbreak“ gestartet. Die erfolgreiche erste Veranstaltung widmete sich der Konsultationsstufe 4 der Museumsdefinition. Aktuell sind wir bei der Planung der nächsten Veranstaltungen; weitere Informationen folgen in Kürze.

Der „ICOM Lunchbreak“ möchte ICOM Mitglieder stärker in den Online-Austausch bringen. Ideen für Themen werden von uns gerne entgegengenommen. Auf den gemeinsamen Austausch freuen wir uns!

Schreiben Sie uns hierzu gerne eine Mail an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

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