Am 19. Juni 2020 hat die Präsidentin des Weltverbands ICOM gegenüber dem Verwaltungsvorstand (Conseil d’administration / Executive Board) erklärt, dass sie ihr Amt mit sofortiger Wirkung niederlegt. Dieser Schritt kam für uns alle sehr überraschend. Suay Aksoy hat die Veröffentlichung einer kurzen Farewell-Note veranlasst. Wir danken ihr für ihr großes Engagement für den Weltverband, ihre offene Art, auf viele unserer Nationalen wie Internationalen Komitees zuzugehen und mit vielen unserer Mitglieder weltweit vertrauensvoll zusammenzuarbeiten. Sie hat neue Impulse in die Diskussion eingebracht und die Interessen der Museen auch in der Politik vertreten. Dafür gebührt ihr unser Respekt und unsere Anerkennung.
Es zirkulieren aktuell allerlei Mutmaßungen und Forderungen nach mehr Information. Wir sehen keine andere Möglichkeit, als Suay Aksoys Vorgehen zu respektieren, dass sie ihre Rücktrittsgründe nur dem Verwaltungsvorstand schriftlich mitteilen mochte und den Mitgliedern gegenüber nur darauf verweist. Die Vorstände der Nationalen und Internationalen Komitees haben keine Informationen zu den Gründen erhalten.
Der Verwaltungsvorstand hat diese Amtsniederlegung akzeptiert und ist seinen Pflichten aus Artikel 11, Abschnitt 6 der Statuten von ICOM nachgekommen: Er hatte einen der beiden Vizepräsidenten zum neuen Präsidenten zu bestimmen und hat sich in geheimer Wahl für Alberto Garlandini entschieden. Da nun ein Vizepräsidentenamt vakant war, wurde in derselben Sitzung unter Anwendung desselben Satzungsabschnitts ein ordentliches ICOM-Mitglied zum neuen Vizepräsidenten bestimmt. Die Wahl fiel auf Terry Simioti Nyambe.
Mit Alberto Garlandini wissen wir einen erfahrenen und gut vernetzten neuen Präsidenten an der Spitze von ICOM, der an zahlreichen Schnittstellen bereits über lange Jahre hinweg ICOM entscheidend mitgeprägt hat. Wir gratulieren Alberto Garlandini an dieser Stelle für die Berufung zum neuen Präsidenten und wünschen ihm für die kommenden Jahre eine glückliche Hand bei den anstehenden großen Problemen, die insbesondere durch die Corona-Pandemie ganz aktuell auf die Museumswelt international zugekommen sind und deren Auswirkungen wir jetzt nur erahnen, aber im Detail noch nicht kennen. Es gibt zahlreiche Themenfelder, auf denen ICOM dringend nach innen wie nach außen wirken muss und wir möchten den neu zusammengestellten Vorstand von ICOM International nach besten Kräften unterstützen.
Mit Terry Simioti Nyambe als neu gewählten Vizepräsidenten haben wir einen profilierten Kollegen an unserer Seite, mit dem wir erfolgreich unseren ersten Austausch zwischen Museumsfachleuten aus einem afrikanischen Staat und Deutschland initiieren konnten. Auch auf diese sicherlich noch intensivere Zusammenarbeit freuen wir uns.
In terminlicher Nähe zum Rücktritt von Suay Aksoy hat es weitere Amtsniederlegungen gegeben, von zwei Mitgliedern des Verwaltungsvorstands und von mehreren Mitgliedern und der Präsidentin des mit der Vorbereitung des Beschlussvorschlags für eine neue Museumsdefinition beauftragten Komitees MDPP. Es sind sicherlich wichtige Gründe gewesen, die übergetragenen Aufgaben im Weltverband inmitten der laufenden Wahlperiode aufzugeben; hierzu gibt es keine zuverlässigen Informationen. Wir alle haben gerade in diesen schwierigen Zeiten darauf vertraut, dass die offiziellen Vertreter*innen in ihren Positionen verlässlich diese einmal eingeschlagenen Wege weiter beschreiten, selbst wenn nicht immer alle Prozesse einfach und glatt verlaufen. ICOM steht in seiner Gesamtheit für Meinungsvielfalt, Pluralität und offene Diskurse, was auch Differenzen einschließt. Wir respektieren die Rücktritte und danken allen für ihre bis dato geleistete Arbeit. Dies darf und wird ICOM Deutschland jedoch nicht daran hindern, die wichtigen Ziele des Weltverbandes weiter zu begleiten, selbst mitzugestalten und die brennenden Probleme anzupacken, Lösungen sowie Perspektiven zu entwickeln.
Ich kann Sie alle nur darin ermutigen, das Vertrauen in ICOM als Weltgemeinschaft der Museumsfachleute und in sein starkes Netzwerk weiter zu vertiefen und dem neuen Team an der Spitze ebenso viel Vertrauen entgegenzubringen wie zuvor. Sicherlich müssen strukturelle Probleme noch aufgearbeitet, Informationsdefizite aufgeklärt und innere Konflikte bereinigt werden. Das alles kann geschehen, wenn möglichst alle unterstützend an diesem Potenzial der Museumsgemeinschaft und den perspektivischen Interessen des Weltverbandes - insbesondere auf der Ebene der Nationalen wie Internationalen Komitees - arbeiten. Es kann nicht unser Ziel sein, die Chance einer internationalen, interkulturellen und weltoffenen Verständigung und Gemeinschaftsleistung in Frage zu stellen, wie dies mitunter in einigen aktuellen Diskussionen oder Äußerungen der Fall zu sein scheint.
Wir vertrauen auf unser gemeinsames Motto: Museums have no borders, they have a network.
Unsere Stärke liegt im Zusammenhalt und der offenen Verständigung. Nutzen wir sie!
Ihre Beate Reifenscheid
Präsidentin
ICOM Deutschland
Weitere Stellungnahmen finden Sie im Mitgliederbereich auf der Webseite von ICOM International.