Das letzte Jahr war anstrengend und für die Museen weltweit eine Herausforderung. Die Pandemie hat uns alle getroffen und einmal mehr gilt es, dass Frauen ihre Positionen nutzen, um die Welt positiv zu gestalten und das Miteinander zu fördern. Deshalb ist es so wichtig, sich mitunter an jenen Frauen zu orientieren, die sich aktiv für die großen und kleineren Themen im Weltgeschehen einsetzen.
In den letzten beiden Jahren war dies neben der jungen Umweltaktivistin Greta Thunberg, vor allem Kamala Harris, die als erste schwarze Frau mit indischer Mutter zur Vizepräsidentin der USA gewählte wurde. Als ehemalige Richterin und Senatorin tritt sie für Demokratie und Gerechtigkeit ein. Es erscheint einem fast unzeitgemäß, dass selbst im 21. Jahrhundert darüber eigens über die Hautfarbe berichtet wird, über ihre indischen Wurzeln mütterlicherseits und die Tatsache erwähnt, dass sie als erste Frau Vizepräsidentin der USA geworden ist. Man sollte meinen, dass ihre politische und menschliche Haltung die einzigen ausschlaggebenden Argumente sein sollten. Da erscheint eine kleine, alte Frau aus Indien fast noch bemerkenswerter, die mit ihrem Widerstand gegen den indischen Premierminister Narendra Modi und dessen neu eingeführtes “Citizenship Amendment Act”, das Muslime diskriminiert, aufgerufen hat. Bilkis Dadi (eigentlich Bilkis Bano, dadi bedeutet Großmutter) hat es mit ihrem Protest zu einer weltweiten Anerkennung geschafft und wurde vom Time Magazin zu den 100 einflussreichsten Persönlichkeiten des Jahres 2020 gekürt. Und noch eine Stimme – unter vielen anderen – macht Mut: Im Kampf gegen die Vertreibung und Auslöschung von indigenen Völkern hebt sich die 34-jährigen Nemonte Nenquimo, der Führerin der Waorani-Nation in Ecuador hervor. Wie auch viele andere indigene Gemeinschaften weltweit, stehen die Waorani an vorderster Front und verteidigen das Land, das sie am besten kennen. Nenquimo hat sich erfolgreich gegen den Plan der ecuadorianischen Regierung erhoben, der Ölfirmen erlauben wollte, in einem von Waorani bewohnten Gebiet des Amazonas Bohrungen vorzunehmen. Während gelegte Feuer große Teile des Regenwaldes im Amazonasgebiet vernichten, hat sie es geschafft, weltweit die Aufmerksamkeit darauf zu lenken, was die Klimakrise für ihr Volk bedeutet.
Mutige, weitsichtige Frauen treten tagtäglich dafür ein, das auch die pluralistische Museumswelt von zentraler Bedeutung für unser Miteinander ist: die Wahrung unserer natürlichen Ressourcen sowie die Vielfalt des kulturellen Ausdrucks und Erbes, das Schützen indigener Bevölkerungsgruppen und das bewusste Eintreten für Gleichberechtigung aller sind einige der zentralen Themen. Sie begleiten aktuell gesellschaftliche Prozesse, machen aufmerksam auf politische Übergriffe oder aktive Zerstörung von Kultur und initiieren den Dialog miteinander. Der Klimawandel, die veränderte geopolitische Lage, das Auseinanderdriften der ökonomischen Ströme sowie die aktuelle Pandemie stellen für die Museumswelt vor enorme Herausforderung. Sie ist eng verschwistert mit der Frage nach der Relevanz der Museen als Orte des kulturellen Verständnisses und Erbes, die aktuell weltweit breit diskutiert wird.
Im Zeichen des Weltfrauentags wünschen wir allen Frauen, die sich dem kulturellen Erbe der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft verpflichtet fühlen und aktiv in der Museumswelt mitwirken, die notwendige Kraft, diesen Herausforderungen zu begegnen und zu positiven Entwicklungen und neuen Gestaltungsformen beizutragen. Die Tatsache, dass mittlerweile 49 % aller Stellen in Museen von Frauen besetzt sind, zeigt, wie entscheidend Frauenpower bereits die Geschicke unserer pluralen Museumslandschaft, für die Deutschland in der Welt berühmt ist, lenkt.
Herzlichst,
Ihre Beate Reifenscheid